14.11.2012
Anfrage
„Gott glaubt an euch“ – Was soll das heißen?
In einem Bericht über die Predigt eines Bischofs bei einem Messdienertreffen, hieß es, der Bischof habe den Jugendlichen gesagt: „Gott glaubt an euch.“ Diese Formulierung erscheint mir äußerst nebulös. Was heißt „Gott glaubt an Messdiener“? Was heißt überhaupt „Gott glaubt an etwas“? Solche Aussagen fördern meines Erachtens nicht die Belebung des Glaubens, sondern erzeugen eher Abneigung gegen die Sprache der Kirche.
W.N., Mönchengladbach
Die zitierte Aussage meint so viel wie: Gott traut den jungen Menschen etwas zu. Er setzt auf sie, damit sein Reich kommen kann, damit sein Wille auf Erden geschehen kann. Der Satz würde missverstanden, wenn man „glauben“ übersetzt mit „für wahr halten“: Natür-lich glaubt Gott nicht, dass es da irgendwo eine Gruppe von Messdienern gibt. Auch meint der Satz „Gott glaubt an euch“ nicht dasselbe wie unser Credo, in dem wir bekennen: „Ich glaube an Gott …“. Denn das bedeutet so viel wie: Ich vertraue auf Gott und setze mein ganzes Leben auf ihn. Gott aber muss seine Existenz nicht auf Menschen setzen.
Der zitierte Satz erschließt sich durch zwischenmenschliche Erfahrungen. Für Kinder und junge Erwachsene ist es wichtig zu hören: „Ich glaube an dich. Ich setze auf dich. Ich vertraue dir. Ich traue dir etwas zu.“ Solche Bekenntnisse eines Erwachsenen, vor allem aus dem Mund einer wichtigen Bezugsperson wie Vater, Mutter, Chef, Gruppenleiter oder Lehrer, stärken das Selbstbewusstsein. Sie setzen Kräfte frei, die eigenen gottgegebenen Talente einzusetzen.
Jesus hat den Menschen vermittelt, dass Gott zu ihnen wie ein liebender Vater/eine liebende Mutter ist, der/die für sie sorgt, wenn sie nur ganz auf ihn vertrauen. In der Bergpredigt (Matthäus 5–7) finden sich dazu viele Beispiele. Wenn wir also daran glauben, dass wir – im übertragenenen Sinn – Kinder Gottes sind, dann dürfen wir auch darauf vertrauen, dass Gott „an uns glaubt“.
Ein Bischof, der jungen Menschen das verkündet, vermittelt einen wesentlichen Teil des Evangeliums von Jesus Christus. Leider ist früher, als oft vom argwöhnischen, gar strafenden Gott die Rede war, diese frohe Botschaft zu wenig verkündet worden.
Roland Juchem