10.11.2017
Erfahrungsbericht aus Taizé
Kirche aus einem anderen Blickwinkel
Jedes Jahr organisiert das Gymnasium Marianum Meppen Tage religiöser Orientierung, die den Schülern die Chance bieten, eine Auszeit zu nehmen und sich neu mit dem eigenen Glauben zu befassen. Emelie Buhs, Schülerin des Jahrgangs 11, hat sich für die Tour nach Taizé entschieden und berichtet für den Kirchenboten von ihren Erlebnissen.
Erfahrungen in Taizé.
Fotos: privat
Ich wollte unbedingt nach Taizé, da ich schon sehr viel Gutes über die Erfahrungen dort gehört hatte und neugierig war. Insgesamt bestand unsere Gruppe aus 40 Schülern, vier Teamern und zwei Lehrern. Bei unserer Ankunft am Dienstagmorgen waren wir zunächst unsicher, was uns erwarten würde. Als wir aber einige Tage später wieder nach Hause fuhren und im Bus Lieder aus Taizé sangen, war ich mir sicher, dass niemand von uns die Teilnahme bereut – im Gegenteil!
Die „Communauté de Taizé“ ist ein internationaler ökumenischer Männerorden in Frankreich (Burgund), der vor allem aufgrund seiner internationalen Jugendtreffen in vielen Ländern bekannt ist. Vorgestellt habe ich mir einen Ort, der aus einer großen Kirche und sonst nur aus Unterkünften für die Besucher besteht. Einen Ort, an dem man sich nur auf sich selbst konzentrieren muss, weil es sonst nichts gibt. Diese Einschätzung stimmte auch – teilweise. Taizé liegt fernab von anderen Städten inmitten von großen Hügeln, in einer Gegend, wo der nächste Bauernhof eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt ist.
Die Kirche, die ich bei unserer Ankunft noch nicht einmal als Kirche erkannt habe, sieht keinesfalls so aus wie die typisch deutschen Kirchen mit Turm und Sitzbänken, in denen alle „in Reih und Glied“ nach vorn blicken. Diese sogenannte „Versöhnungskirche“ ist ungefähr so hoch wie ein normales Einfamilienhaus und wenn man sie von außen betrachtet, kann man auch nicht erkennen, welcher Religion sie angehört. Trotzdem - oder gerade deswegen - bietet sie rund 5000 Gästen und etwa 100 Brüdern Platz. Diese hohen Besucherzahlen werden aber eher im Sommer erreicht. Als wir das erste Mal gemeinsam in diese Kirche gingen, waren wir alle verblüfft: Gewöhnlich sitzt die Gemeinde zusammen auf Holzbänken und schaut nach vorn zum Priester. Doch in Taizé saßen die meisten Menschen in der Kirche auf dem Boden, während die Brüder - nur getrennt durch eine kniehohe kleine Hecke - mitten unter den Gläubigen saßen.
Die Messe selbst bestand hauptsächlich aus Singen – und das in vielen europäischen Sprachen. Die meisten Lieder setzten sich aus ein paar einfachen Sätzen zusammen, häufig in einer Sprache, die man eigentlich nicht sprechen kann. Diese Sätze wurden ständig wiederholt. Man könnte meinen, dass dies nach ein paar Wiederholungen langweilig wird, doch dem war nicht so. Nach kurzer Zeit konnte man die Zeilen auswendig und konzentrierte sich nur auf das Singen. Es war einfach schön, mitzusingen oder nur zuzuhören, wie die Gemeinde gemeinsam mit den Brüdern singt. Zudem wurde anstelle einer langen Predigt in der Messe einfach ein Text aus der Bibel, erst auf Französisch und dann auf Englisch, vorgelesen, über den man dann nachdenken konnte. Es gab im Gottesdienst immer eine lange Stillephase, während der man meditieren, beten oder einfach nachdenken konnte. Die Stille dauerte etwa sieben bis acht Minuten und wurde von allen aus unserer Gruppe als sehr erholsam empfunden.

In Taizé hatten wir einen geregelten Tagesablauf, der vor allem durch die Messen strukturiert wurde. Wir sind jeden Tag um ca. 7.30 Uhr aufgestanden, um pünktlich beim Morgengebet um 8.15 Uhr und beim anschließenden Frühstück zu sein. Um 12.20 Uhr gab es das Mittagsgebet und gleich anschließend das Mittagessen. Besonders fand ich auch die Kleingruppengespräche, welche vormittags nach der Bibeleinführung stattfanden. In der Bibeleinführung sprach ein Bruder über einen Bibeltext, der dann zunächst von ihm erläutert und anschließend von der Kleingruppe bearbeitet wurde. Ich war in einer Gruppe mit drei Mitschülern, einer Teamerin und vier Belgierinnen in unserem Alter. Wir unterhielten uns über so ziemlich alles, was uns dazu einfiel, und hatten oft sehr anregende Gespräche.
Ganz allgemein waren so ziemlich alle Taizé-Besucher offenherzig und gut gelaunt: Franzosen, die freiwillig das Essen austeilten, oder diejenigen, die freiwillig einige Monate in Taizé verbrachten und uns beim Putzen angewiesen haben. Am vorletzten Abend lud uns eine deutsche Geigenspielerin ein, gemeinsam mit ihr und ihren Freunden zu singen.
In diesen wenigen Tagen habe ich viele Menschen und auch meine Mitschüler neu kennengelernt und konnte auch die Kirche und den Glauben aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Alles in allem bleibt die Dankbarkeit dafür, dabei gewesen zu sein, wobei ich wahrscheinlich für unsere gesamte Gruppe spreche. Denn als beim letzten Gruppengespräch die Frage aufkam, ob wir uns eine Rückkehr nach Taizé vorstellen können, waren alle Hände oben.
Von Emelie Buhs