11.06.2013
Ethik im Krankenhaus
Bauchgefühl reicht nicht
Sich mit ethischen Fragen beschäftigen – das soll in den 19 Mitgliedshäusern des Katholischen Krankenhausverbandes der Diözese Osnabrück leichter werden. Un dafür wird Klaus Klother sorgen. Das Ziel des 32-Jährigen: Mediziner und Pflegekräfte sollten verstehen können, worum es bei ethischen Frachfragen geht, „ohne zwangsläufig Theologie studiert zu haben“.
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Das Pflegepersonal in Krankenhäusern soll besser verstehen, worum es bei ethischen Fragen geht. Foto: fotolia |
Ärzte, Pfleger oder Krankenschwestern haben in ihrem Alltag im Krankenhaus ständig mit ethischen Fragen zu tun: Wie wollen wir Kranke pflegen, wie mit Sterbenden umgehen? Mit welcher inneren Einstellung gehen wir auf unsere Patienten zu? Klaus Klother beschäftigt sich mit solchen Fragen wissenschaftlich. Er hat in Bonn und Freiburg Theologie studiert und sich auf Moraltheologie und theologische Ethik spezialisiert. Im wissenschaftlichen Diskurs entdeckt er manche Worthülse. Und die möchte er für den Alltag übersetzen. „Ich will dazu beitragen, dass Ärzte oder Krankenschwestern Argumente bekommen für ihre Entscheidungen“, sagt er. Damit nicht nur das Bauchgefühl entscheiden müsse.
Jedes der 19 Krankenhäuser, mit denen es Klother jetzt zu tun bekommt, hat im Bereich Ethik eine andere Arbeitsweise. Mal trifft man sich spontan, um einen Einzelfall zu besprechen, mal gibt es ein Gremium, ein sogenanntes Ethikkomitee, das kontinuierlich zusammenkommt. „Beides ist möglich“, beschreibt Klother. „Wichtig ist nur, dass das Komitee mit seinen Vorschlägen Gehör findet bei der Geschäftsführung.“ Im Idealfall zählen Ärzte, Pflegekräfte, Seelsorger, Juristen und Patientenvertreter dazu. Sie legen Leitlinien fest und diskutieren Fragen, wie das Krankenhaus die Werte umsetzt, für die es einsteht. Die Themen können allgemeiner Natur sein. Zum Beispiel: Schalten wir Beatmungsgeräte eines im Sterben befindlichen Patienten ab, leisten wir also erlaubte „passive Sterbehilfe“? Sie können sich aber auch auf Einzelfälle beziehen. Zum Beispiel: Soll der offenbar bald sterbende Dialysepatient noch eine weitere Behandlung erhalten? „Die Entscheidung muss der Arzt treffen und vertreten. Dabei kann ihm die Empfehlung des Ethikkomitees eine große Hilfe sein“, so Klother.
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Klaus Klother, neuer Fachmann für Ethikfragen in den Krankenhäusern des Bistums Osnabrück. Foto: Petersen |
Abstrakte Debatten in verständliche Worte fassen
Die Komitees beraten, ihnen zur Seite stehen – das ist die Aufgabe des Fachmanns. Erfahrung bringt er reichlich mit, obwohl er erst 32 Jahre alt ist. Nach seiner Promotion hat er drei Jahre im Bistum Speyer als Referent für „Ethik in Medizin und Pflege“ gearbeitet. Der Schritt ins Bistum Osnabrück sei ihm leichtgefallen, sagt er. Denn jetzt bekomme er die Chance, auch wieder wissenschaftlich zu arbeiten. Die Rückbindung an die Universität habe ihm zuletzt gefehlt, räumt er ein. So wird er neben seiner unmittelbaren Tätigkeit für den Krankenhausverband einen Lehrauftrag an der Hochschule der Jesuiten in St. Georgen (Frankfurt/Main) erhalten, verbunden mit der Möglichkeit, sich bei seinem Doktorvater in Freiburg zu habilitieren – die Voraussetzung, sich eines Tages als Professor für einen Lehrstuhl bewerben zu können.
Klaus Klother stammt aus Neuss am Niederrhein und ging für das Studium nach Bonn, später nach Freiburg, wo er promovierte. Einem Intermezzo beim Zentrum für Berufungspastoral der Bischofskonferenz folgte die an die Katholische Akademie des Bistums Speyer angegliederte Tätigkeit in Ludwigshafen. Nebenbei schrieb er Beiträge für eine digitale Zeitschrift für Medizinethik. „Dabei habe ich gelernt, abstrakte Debatten über das Thema sprachlich auf eine einfache Ebene herunterzubrechen“, sagt er. Mediziner und Pflegekräfte müssten verstehen können, worum es bei ethischen Frachfragen geht, „ohne zwangsläufig Theologie studiert zu haben“, fügt er augenzwinkernd hinzu.
Matthias Petersen